Aus der Chronik des Ortsvereins Seligenstadt | ||
DER
NEUBEGINN Nach der Unterzeichnung der bedingungslosen Kapitulation am 7. Mai in Reims und am 8. Mai 1945 in Berlin-Karlshorst durch die Vertreter der alliierten Truppen und der deutschen Wehrmacht werden am 9. Mai um 0 Uhr 01 (23.01 Uhr MEZ) alle Kampfhandlungen in Europa eingestellt. Ab Mai 1945 treffen sich in vielen Orten deutsche Sozialdemokraten, um zunächst ohne Zustimmung der Besatzungsbehörden die Sozialdemokratische Partei wieder aufzubauen. Nach den bösen Erfahrungen mit der sich selbst bekämpfenden Arbeiterbewegung und den gemeinsamen Erlebnissen in Zuchthäusern und Konzentrationslagern durch den Nationalsozialismus sind viele Sozialdemokraten bestrebt, wieder eine einheitliche Partei zu errichten. So auch in Seligenstadt. In den Monaten Juli und August des Jahres 1945 begannen sich Seligenstadts Sozialdemokraten neu zu formieren. Legitimiert wurde dieses Vorhaben dadurch, dass am 8. August Frankfurter Sozialdemokraten Kurt Schumacher informierten, in Hessen sei ein Landesvorstand gebildet worden. Im September schließlich wird dann im Gasthaus „Zur Krone" Seligenstadts SPD wieder gegründet. Vorher schon, kurz nach Kriegsende, setzte die amerikanische Besatzungsmacht Karl Nover kommissarisch als Bürgermeister ein. Am 15. Oktober wird von der amerikanischen Militärbehörde Karl Geiler als Ministerpräsident einer Regierung in Hessen eingesetzt. Die ersten Gemeindewahlen nach dem Krieg finden am 27. Januar 1946 statt.
In der amerikanischen Zone erhält die SPD 25,1%, die CDU 37,9%, die KPD
3,5%, die DVP 2,5% und sonstige Parteien 31,0% der Stimmen. Natürlich fand diese Wahl auch in Seligenstadt reges Interesse, denn die
Wahlbeteiligung lag bei 92,3%. Davon entfielen im einzelnen auf:
Durch diese Pattsituation wurde eine Stichwahl notwendig, bei der
Neubauer 7 Stimmen erhielt und somit für zwei Jahre zum Bürgermeister
gewählt war. Erster Beigeordneter wurde Fritz Beike. Der Vorstand der SPD in Seligenstadt bestand vom Neubeginn der Partei bis
zum April 1946 aus folgenden Genossen:
Kurz vor der Wahl zum ersten Kreistag am 28. April 1946 wird auf einer
Generalversammlung in der „Krone" der Vorstand der Partei verjüngt.
Das Wahlergebnis vom 28. April sah eine niedrigere Wahlbeteiligung als
bei den Gemeindewahlen. Das Resultat lautete:
Auf dem ersten Nachkriegsparteitag der SPD in Hannover vom 9. bis 11. Mai nehmen 258 Delegierte teil. Der Vorsitzende Kurt Schumacher eröffnet den Parteitag mit einem Gedenken an alle Toten, ohne Unterschied der Nation und der Rasse, die ihr Leben im Kampf gegen Diktatur, Unterdrückung und Eroberungswahn verloren haben. „Lasst uns an die Arbeit gehen mit dem Ideal im Herzen, für das sie
starben und für das wir leben: F r e i h e i t !" Auch die Wahlen für die verfassungsgebende Versammlung der Länder in der amerikanischen Besatzungszone finden in diesem Jahr statt (30. Juni). In Hessen ergibt sich folgender Stand:
CDU 35 Sitze KPD 7 Sitze LDP 6 Sitze Und so sah das Resultat in Seligenstadt nach dieser Wahl aus:
Am 2. Oktober 1946 verurteilt die Seligenstädter Spruchkammer den 50jährigen Adam Gast aus Mainflingen wegen aktivistischer Betätigung in der NSDAP unter Einreihung in die Stufe II der Aktivisten zu drei Jahren Bewährungsfrist unter Heranziehung zu Sonderarbeiten für die Gemeinde, sowie Abgabe von 1 500 RM und mehreren Sachwerten als Sühneleistung. Er erhielt ausserdem Wohnwechselverbot für die Dauer von drei Jahren. Ebenfalls verurteilt von der Seligenstädter Spruchkammer wurde zum gleichen Zeitpunkt der 58jährige Formstecher Otto Kaspar Kopp aus Klein-Krotzenburg. Er war ein fanatischer Verbreiter der Nazi-Ideologie und wurde als Minderbelasteter zu zwei Jahren Sonderarbeit für die Gemeinde verurteilt. Ferner mußte er Möbel und Wäsche zur Wiedergutmachung abliefern und ausserdem unterliegt er der Wohnungsbeschränkung für zwei Jahre. Dies sind zwei Beispiele dafür, wie Seligenstadt mithalf, die nationalsozialistischen Vergehen zu verfolgen, Schuldige zur Rechenschaft zu ziehen und zu verurteilen. |