Aus der Chronik des Ortsvereins Seligenstadt | ||
DIE
SPD IM ERSTEN WELTKRIEG 1914-1918 Das Jahr 1914 begann mit einer öffentlichen Volksversammlung des Sozialdemokratischen Vereines, die am 17. Januar im „Schützenhof" stattfand. Als Referent war der Offenbacher Stadtverordnete Julius Bruhns eingeladen worden, der zum Thema sprach: „Was will die Sozialdemokratie in der Gemeinde". Nach diesem Referat erörtert er noch die wichtige Frage der elektrischen Überlandzentralen, die für die Versorgung der Bevölkerung mit Strom eine große Rolle spielt. In der abschließenden Diskussion wurde darüber positiv entschieden. Am 25. Januar wurde eine Parteiversammlung abgehalten, auf der aktuelle Probleme, der Rechenschaftsbericht des vergangenen Jahres und die verflossene Gemeindevertreter-Konferenz in Offenbach besprochen wurden. Auch die Maifeier 1914 veranstalteten Gewerkschaft und SPD wieder gemeinsam. Es sollte vorerst auch die letzte sein, denn der drohende Krieg stand bereits vor der Tür. Die Feier beging man am Sonntag, den 3. Mai, da der 1. Mai auf einen Freitag fiel und die meisten Arbeiter im Arbeitsprozeß standen. Abends, um 20 Uhr, sprach der Genosse Felgentrebe aus Offenbach über die Bedeutung des Maifeiertages. Danach gelangte das Theaterstück „Des Sohnes Schuld" von Ewald Nebe zur Aufführung. In den Pausen unterhielt der Arbeitergesangverein das Publikum. Der Eintritt war diesmal kostenlos. Als der Sozialdemokratische Verein am 27. Juni 1914 bei Karl Burkard in der Gaststätte „Zur Eisenbahn" seine Parteiversammlung abhielt, wußte noch niemand genau, wann und ob man sich wiedersehen konnte. Nach der Entfesselung des Ersten Weltkrieges durch das Deutsche Reich am 1. August 1914 bewilligte nämlich die sozialdemokratische Reichstagsfraktion am 4. August einstimmig die von der Regierung geforderten Kriegskredite. In dieser Entscheidung kam zwar in erster Linie lediglich der inzwischen erfolgte Obergang der Parteiführung auf pro-imperialistische Positionen zum Ausdruck, ihre Geschlossenheit war jedoch auf mehrere, hier nicht zu erläuternde, Ursachen zurückzuführen. Der Erste Weltkrieg unterbrach also bis zu seinem Ende jegliche Aktivitäten des Sozialdemokratischen Vereines Seligenstadt. Was wird also werden, nicht nur hier, sondern im gesamten Deutschen Reich . . . . . . .? Während des Ersten Weltkrieges spaltete sich aus der Gegnerschaft gegen die Kriegskredite eine linke Gruppe ab, die die Unabhängige Sozialdemokratische Partei (USPD) bildete. Auf der äußersten Linken entstand der Spartakusbund unter Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg. Die Mehrheitssozialisten (MSPD) setzten die Zusammenarbeit mit der Regierung fort; ihre Führer waren: Ebert, Scheidemann, Löbe, Wels, Breitscheid und andere, in Preußen dann Otto Braun und Carl Severing. Die SPD war dann aber auch die tragende Stütze der ersten parlamentarischen Reichsregierung unter Prinz Max von Baden. Am 9. November 1918 rief Scheidemann in Berlin die deutsche Republik aus. Von Februar 1919 bis Juni 1920 und von Juni 1928 bis März 1930 stellte die SPD den Reichskanzler, 1919 bis 1925 den ersten Reichspräsidenten (Friedrich Ebert). 1922 nahm die MSPD die Unabhängigen (USPD), soweit sie sich nicht den Kommunisten angeschlossen hatten, wieder in sich auf. Von 1919 bis 1932, mit einer Ausnahme 1924, war sie stets die stärkste Partei. Erwähnt werden muß zum besseren Verständnis an dieser Stelle, da sonst falsche Schlüsse gezogen werden können, dass die USPD in Seligenstadt, bis auf den noch im Anschluß genannten „Fall Katz", keine Rolle gespielt hat. Zu schwach war der Anklang, den die Unabhängigen hier fanden, zu stark die Bindung an die Mehrheitssozialisten, die sich zu behaupten wußten. Es sei nochmals betont, dass der Leser hier nicht über eine chronologische Lücke stolpern darf, denn während der Kriegsjahre ruhte ungewollt die Arbeit der SPD, natürlich auch die der anderen Parteien. Am 2. Januar 1919 schloß sich die Fortschrittliche Volkspartei, Ortsgruppe Seligenstadt, der Demokratischen Partei an. Ein programmatischer Aufruf zu dieser Organisation wurde noch am selben Tag erlassen. |
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