Grenzgang 2017 trotz stürmischer Winde

Am frühen Sonntagmorgen goss es noch in Strömen, und mancher fragte sich, ob Sturmtief „Herwart“ wirklich, wie vorhergesagt, rechtzeitig abflauen würde. „Frankfurt hat seinen Ironman, Seligenstadt seinen Grenzgang“ hörte man schon witzeln.

Aber nach dem halben Vormittag klarte es auf. Um 10 Uhr, zum Start des Grenzgangs am Schachenweg, schaffte es die Sonne sogar, sich durch die Wolken zu zwängen.

Rund 80 Grenzgänger hatten sich am Wolf’schen Birkenhof eingefunden, wo sie von Bürgermeister i.R. Rolf Wenzel und dem SPD-Ortsvereins-Vorsitzenden Dr. Reiner Stoll begrüßt wurden. Einige Hunderte Meter weiter, am oberen Schachenweg, gleich der erste Zwischenhalt: Julian Menner, seit zwei Jahren der Braumeister in Glaab’s neuem Sudhaus, erläuterte am Braugerstenfeld, weshalb er beim Brauen auf heimische und natürliche Rohstoffe setzt. Während viele andere Brauereien die Möglichkeiten nutzen, weltweit einzukaufen, arbeitet Glaabsbräu seit zehn Jahren mit örtlichen Landwirtschaftsbetrieben zusammen und bezieht seine Braugerste aus überschaubaren Flächen in der Region.

Panorama Seligenstadts
Panorama Seligenstadts

Weiter ging es zur Edelweißbank am Rand des Stadtwaldes, wo alle Grenzgänger von der ‚Höhe‘ des Goldberges den weiten Panorama-Blick auf Seligenstadt bis hinüber zu den Spessarthöhen genießen konnten.

Dann ging es in den Wald hinein, unter der Autobahn A3 hindurch zum Schachenbrunnen. Stefan Becker, der Vorsitzende des Heimat- und Geschichtsvereins Hainburg, erklärte, dass jener barocke und 1988 restaurierte Brunnen früher durchreisenden Vieh- und Schafherden als Tränke diente. Die Grabhügelgruppe an der Grenzschneise nahe dem Schachensee war schon länger bekannt. Beim Autobahnbau wurde 1958 archäologisch gegraben, man datiert die Gräber auf 750 vor Christus. Aber erst 2007 wurden bei Grabungen im Dudenhöfer Feld mehrere Gruben mit Eisenstücken entdeckt, die vermuten lassen, dass dort Eisen gewonnen oder weiterverarbeitet worden ist. Begleitende Keramikfunde lassen da auf die späte Hallstattzeit schließen (600 bis 450 vor Christus).
Die Nutzung des Waldes gen Dudenhofen war lange Zeit Zankapfel zwischen dem Kloster und der Stadt Seligenstadt. Erst im Teilungsvertrag von 1755 wurde eine Grenze festgelegt, wenige Meter vom Schachenbrunnen entfernt.

Anschließend wanderte man zur Langen Schneise. Das Wasserwerk wird heute vom Zweckverband Wasserversorgung Offenbach (ZWO) betrieben, der von hier aus weite Teile des Kreises und der Stadt Offenbach versorgt. Aufmerksame Waldnutzer wie Thorwald Ritter bemerkten, dass der ZWO den Wasserspender vor dem Wasserwerkgelände entfernt hat, und regten an, so wie in anderen Gemeinden auch hier wieder Radfahrern, Spaziergängern samt ihren Tieren die Möglichkeit zu geben, sich direkt an gutem Wasser zu erfrischen.

Über den Hanauer Weg ging es dann zur Erlengrundschneise. Forstamtsleiter Christian Münch war samt Hund den ganzen Grenzgang dabei und beschrieb eingehend an verschiedenen Stellen die jeweiligen Waldbilder, Schonungen und Waldnutzungen.

Die Hohestandschneise ist die letzte auf Seligenstädter Gebiet, vor der Grenze zur Gemarkung Rodgau-Dudenhofen. An ihrer Kreuzung mit der Schachenseeschneise hatte die SPD die Mittelrast aufgebaut, wo für die Grenzgänger Laugenbrezel, frische Äpfel und Apfelmost bereitstanden. Obwohl Diebe eine ganze Obstwiese geplündert hatten, war es der Familie Ott in Froschhausen gelungen, auch dieses Jahr wieder naturbelassene Äpfel und Most zur Verfügung zu stellen.

Grenzgang 2017: Frischen Most und Brezel im Wald
Grenzgang 2017: Frischen Most und Brezel im Wald

So gestärkt wanderte man zurück auf den Schachenweg zu, nach der Autobahnunterführung aber über einen gewundenen Pfad durch den wassergetränkten Wald.

Am freien Feld angekommen, standen dort noch leere Erntekisten für Mohrrüben. Hier erfuhr man, dass der Birkenhof in einer langwierigen Prozedur komplett auf Biolandwirtschaft umgestellt hatte und so nun alle Lebensmittel nach biologischen Richtlinien anbieten kann.

Auf dem Hof tönten den Ankommenden schon die mitreißenden Rhythmen der Froschhäuser Frog’N Beatz entgegen. Familie Wolf hatte eine Halle geräumt, in der das SPD-Team Tisch und Bänke aufgestellt hatte. Es gab wärmende Erbsensuppe mit Wurst nach Wahl, und Apfelmost oder andere Getränke. Da gab es noch viele Gespräche, bis in den Nachmittag hinein.


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